Eine Charleston-Ente auf Wanderschaft

Gemeint ist eine gelb-schwarze Charleston-Ente Bj. 1982, die ich seit 1988 kenne, liebe und schraube. Damals gehörte sie Steffi, die die Ente Anfang 1990 Armin verkaufte, einem Kumpel von mir, der dann auch in den Entenclub kam. Mit ihr war er 1991 auf dem Welt-Enten-Treffen in der Schweiz. Natürlich durfte ich wieder an ihr schrauben, Kupplungswechsel und andere Kleinigkeiten. Mitte 1995 kaufte dann Kerstin, meine damalige Freundin die Ente. Sie hatte schon eine, eine rot-schwarze Charleston, aber nach den In-spirationen auf dem Welt-Enten-Treffen in Slowenien wollte sie ein Pick-Up haben und die gelb-schwarze sollte dazu herhalten.

Gottseidank kam es nicht so weit, denn gelb-schwarze Charleston sind ultraselten, denn sie wurden nur ca. eineinhalb Jahre gebaut. Der Grund für das Scheitern des Pick-Up-Projektes war, daß Kerstin sich von mir trennte. Heute sehe ich diese Trennung positiv, denn dadurch konnte die Charleston-Ente komplett überleben. Im September 1995 kaufte dann Walburga die Ente, nachdem ich an Ihrer roten Ente ein Todesurteil aussprechen mußte. Also durfte ich wieder an ihr schrauben. Bis der Enten-GAU passierte, im Herbst 1997. Eine Hochzeitsgesellschaft, die zusammenbleiben wollten knallten bei Rot über die Ampel und ein Golf in die Ente. Der Golfkrieg war verheerend und die Ente nicht mehr fahrbereit. Walburga hat dann mir die Charlie überlassen, die ich richten und meiner Sammlung einverleiben will. Jetzt darf ich wieder an ihr schrauben . . .

bis uns irgend jemand scheidet, jedenfalls nicht der TÜV . . .

So stand Charlie lange bei mir in Neukölln in der Werkstatt und hoffte auf eine Reanimation. Aber ich kam nicht dazu, außerdem hatte ich ja eigentlich genug Enten zum Rumfahren und kam angesichts steigender Kundenzahl nicht mal mehr richtig dazu mich um meine eigenen Enten zu kümmern. Ende 1998 zog ich dann mit meiner Werkstatt nach Kreuzberg und Charlie wurde bei Roland, einem Schrauberkollegen zwischen-gelagert.



Aua ! Dann trat Johannes in mein Leben und fuhr seine rote Ente, Frederike auf den Hof. Ich habe an ihr das Ge-triebe gerettet und in einer hektischen Aktion, so 10 min. vor einem Termin von Johannes auf der Straße die Lichtmaschine wieder zum Laden überredet.

rgendwie kamen wir mal ins Gespräch und ich erzählte Ihm von Charlie und Johannes war Feuer und Flamme und hat Charlie eigentlich ungesehen gekauft. Es dauerte dann einige Zeit, bis Roland in seinem Chaos es auf die Reihe brachte Charlie tatsächlich nach Kreuzberg auf den Werkstatthof zu transferieren. Johannes kam dann am gleichen Tag und tanzte wie ein Derwisch um Charlie herum, als gäbe es keine Frauen. Er wollte auch unbedingt mit dabei sein, wenn Charlie wieder zu einer Ente wird. Erstmal zerlegten wir Charlie und ich schweißte die übliche Stelle des äußeren Pedal-bodenbleches, dann wurde der neue Rahmen mit Achsen, Tank, Motor und Getriebe bestückt, das übliche Prozedere halt . . .

Johannes übte sich als Ritzenputzer und polierte glaub ich auch den Auspuff von innen. Den Motor hat er nach Hause genommen und vermutlich mit 38 Dosen Bremsenreiniger und 2,5 kg Putzlappen und etwas Lack auf Hochglanz gebracht. Bei allen Kundenenten muß ich mir nach den Arbeiten am Motor die Finger putzen, bei Charlie vorher . . .

Während Charlie so nach und nach komplettiert wurde haben wir anstatt den Anlasser eine Becks-Dose in das Loch am Getriebe gesteckt, paßt press. Als dann der Anlasser reinkam hat Johannes eine Becks-Dose auseinandergeschniebelt und um den Anlasser geklebt. Geile Optik. . .

Die Vorderfront wurde durch neue Kotflügel, gebrauchte Haube und Dreiecksbleche sowie Neulack wieder in den Originalzustand versetzt. Eingebaut wurde auch ein alter blauer Tacho, den Johannes mit Q-Tips reinigte, sowie ein altes blaues Lenkrad. Mittlerweile will Johannes chromtechnisch meinen Mephisto in den Schatten stellen, aber das ist aus bekannten Gründen nicht möglich. . .

Während der Restaurierung von Charlie hat Johannes Frederike getötet. Das heißt, der Rahmen war vorher schon scheiße geschweißt worden und ein Sandhaufen oder so hat ihm das Genick gebrochen. Der Versuch den Rahmen geradezudrücken wurde durch ein übles Geräusch im Keim erstickt. So stand Johannes nun da, eine halb zusammengebaute Charlie und eine komplett geknickte Frederike. Ich habe ihm dann eine blaue Ente gegeben, der durch Unzulänglichkeit der Zulassungstelle ein Jahr TÜV geschenkt worden ist. Sie wurde dann mit Hilfe mehrerer Spraydosen und Dekolack garniert, vielleicht wollte er UNSAFE in den Schatten stellen, aber das ist aus bekannten Gründen nicht möglich. . .

Anfang Februar war es dann für Charlie soweit, Kuzzeit-Kennzeichen und ab zum TÜV. War alles kein Problem bis auf einen Achsschenkelbolzen, der trotz neu etwas Spiel hatte. Prinzipiell hat der Prüfer Fertigungstoleranzen als schwerwiegenden Mangel angekreuzt. Naja egal, wenn das alles ist. Neuen Bolzen rein, kein Spiel und fertig war die Laube.



Im Alltagsbetrieb stellte sich aber ein übles Klackern des Motors ein, das auch zu leichten Leistungsverlusten führte. Johannes wollte dann gleich Nägeln mit Köpfen machen und sich einen Visamotor reindengeln. Ich glaube die Idee kam unsäglicherweise von mir . . .

Ich organisierte dann nach mehreren Telefonaten einen Motor bei Manni’s Entenfarm in der Eifel. Unser Visa-Enten-Crack aus Berlin hat uns Trauer angesagt, obwohl sein Keller überquillt, er aber genug Ersatz für seine Fahrzeuge bevorraten will. Johannes hat dann den Motor selber abgeholt und noch eine Impulsgeber-brücke organisiert und all so Zeug von denen ich keine Ahnung habe. Ich habe ihm dann gesagt, er könne das ruhig machen, aber ich will mich nicht in die Visatechnik reinknien, da ich der Entenmann bin und nicht der Visamann. Er hat es dann tatsächlich innerhalb einer arbeitsreichen Woche seinerseits geschafft das Fremdorgan zu implantieren. Es lief auch problemlos und die Ente hat das Organ bisher auch noch nicht abgestoßen. Es hat sich allerdings eine Ölundichtigkeit eingestellt, die vermutlich vom Öleinfüllstutzen herrührt. Nach einer Motorwäsche fuhr Charlie dann noch ein paar Meter und verendete am Potsdamer Platz. Wer nicht mit einem 22er-Schlüssel anrücken durfte war ich. Kauf Dir mal so ein Ding !