Meine Mama hat ‘ne Ente

Das war nicht immer so und es dauerte einige Zeit, bis ich sie zur Vernunft brachte. Sie hatte sich mal Mitte der 70er einen neuen Golf gekauft. Den hat sie immer brav in die Werkstatt gebracht und Unsummen ausgegeben, so nach etwas mehr als zehn Jahren war der Neupreis mit den Werkstattrechnungen deckungsgleich. Als ich dann meine Ente hatte und auch anfing zu basteln und reparieren, habe ich dann auch ab und zu Hand an den Golf gelegt und die letzten Jahre seines Daseins sah er dann keine Werkstatt mehr. Was habe ich nicht alles gemacht an der Kiste, Kupplung, Bremsen, Zylinderkopfdichtung undundund. Es gipfelte darin, daß wir (Holzes und ich) mit dem Golf nach Ulm fuhr, da Schwenki dort in einer Tanke arbeitete und am Wochenende er in die Werkstatthalle durfte.

Holzes, Schwenki und ich haben mit drei Flex und zwei Schweißgeräten den Golf übers ganze Wochenende bearbeitet. Schweller komplett, Radläufe undundund, auch noch so ein halb eingeschweißtes Blech in der Gegende der Hinterachse mit vorge-täuschten Schweißpunkten für den TÜV. Um da richtig zu schweißen hätte die Achse rausmüssen. ( Habe ich Dir glaube ich nie erzählt, sorry Mama, aber die Hinterachse hat ja gehalten, uff. . . ) Aber irgendwann habe ich dann meiner Mutter nahegelegt, daß ich keinen Bock mehr habe an diesem Wolfsburger Massenausstoßprodukt noch weiter rumzubasteln. Ich stellte sie vor zwei Alternativen: Ente oder Käfer.

Käfer deshalb, da ich mit Schwenki an dessen Käfern viel geschraubt habe und zu diesem Zeitpunkt kannte ich mich mit Käfer und Ente gleichermaßen gut aus. Der Golf ging dann unter abenteuerlichen Umständen in die Hände von drei oder vier Jugoslawen. Sie entschloß sich dann für einen Käfer. Schwenki hatte damals einen Winterkäfer zu verkaufen, einen beigen 02er, der dann bald bei meiner Mama vor der Tür stand. Obwohl sie Anfang der 60er schon mal einen Käfer hatte, wurde sie mit diesem nicht so richtig warm. Sie quälte sich zwei Jahre durch, bis es wieder Zeit für den TÜV wurde. Aber es wäre ein riesiger Aufwand geworden, überall Löcher, die A-Säule durch und alles irgendwie lüngelich, Vorderachse, Lenkung und so. Also stellte ich meine Mutter wieder vor die gleiche Alternative, wie vor zwei Jahren, mit dem Unterschied, daß es jetzt nur noch Ente war. Ich beharkte meine Mutter so lange bis sie entnervt aufgab und meinte irgendwann abends, ok, dann kauf mir ‘ne Ente.

Ich gleich zur Tanke gespurtet und den Auto-Kleinanzeigen-markt geholt, mich ans Telefon geklemmt und eine halbe Stunde später fuhr ich mit Armin und Göss und einer Handvoll Blankoschecks meiner Mutter Richtung Waiblingen. Dort wechselte für DM 1500 eine schwarz-gelbe Charleston-Ente den Besitzer. Wir kamen im strömenden Regen wieder in Mühlacker an und übergaben meiner Mutter Schlüssel und Papiere und deuteten aus dem Fenster:

“Da draußen steht deine neue Ente“. Göss hat dann noch seine Späße mit meiner Mutter getrieben, als sie fragte wozu der eckige Schlüssel sei. Er meinte dann der sei fürs Rolldach und meine Mutter glaubte das in ihrem Schock. Sie schnappte sich dann noch den Regenschirm und stiefelte ins Unwetter raus, da sie es immer noch nicht glauben konnte. Aber es war so. Am nächsten Tag habe ich dann Fahrlehrer gespielt und sie sehr einfühlsam auf die Ente trainiert. Ich setzte sie einfach rein und ließ sie die kurvenreichste Strecke der Gegend fahren. Danach konnte sie es. Mittlerweile ist die Charleston-Ente zur Edelente mutiert und meine Mutter hat eine Winterente und ist im Entenclub. Völlig infiziert, würde man ihr einen Ferrari vor die Türe stellen würde sie dankend ablehen. Wäre ja auch ein sozialer Abstieg, gell Mama ?